Dekan Friedrich Hauß

Friedrich Hauß (11. August 1893 - 9. Juli 1977) ist jüngeren Menschen in Baden heute weniger bekannt als Aloys Henhöfer, der Vater der badischen Erweckung im 19. Jahrhundert. Daher sollen hier einige Stellungnahmen von drei badischen Landesbischöfen über die Tätigkeit von Hauß zitiert werden. Hauß gab 1966 die Leitung des Volksmissionarischen Amtes der badischen Kirche ab. Aus diesem Anlass schrieb ihm der damalige Landesbischof Hans-Wolfgang Heidland "... was für einen späteren Schreiber der badischen Kirchengeschichte auch aus den Akten ersichtlich sein soll: dass Dein Dienst, den Du seit über dreißig Jahren als Leiter des Volksmissionarischen Amtes und noch viel länger als Sammler der jungen schrift- und bekenntnisgebundenen Theologen geleistet hast, für unsere Kirche von entscheidender Bedeutung war. Die Spur Deiner Arbeit zieht sich als ein sichtbarer Grünstreifen durch die oft öden Gebiete unserer geistlichen Landschaft ... Von der Kirchenleitung her gesehen scheint mir gerade dies besonders wichtig zu sein, dass Du für Deine Person Theologie und Frömmigkeit verbindest und auch dafür sorgst, dass in der Volksmission beides nicht auseinander gerissen wird. Du halfst, dass sich in unserer Landeskirche die Stillen im Lande nicht von der Kirche absonderten, und hast bei der Kirchenleitung das Anliegen dieser Stillen so vertreten, dass tatsächlich beisammenblieb, was doch auch zusammen gehört."

 

Friedrich Hauß in seiner Zeit als Pfarrer in Nöttingen.

  

FÜR VOLKSMISSION UND THEOLOGIE

Heidland hebt also an Friedrich Hauß besonders hervor, dass er sowohl die Evangelisation (damals: "Volksmission") in Baden ins Leben gerufen als auch die bekenntnisgebundenen Theologen während des Dritten Reiches und danach geprägt hat. Wichtig waren Hauß besonders die Erweckungsprediger, aber auch andere Zeugen des lebendigen Gottes in der ganzen Kirchengeschichte. Morgens ab 5 Uhr arbeitete er als Pfarrer in Karlsruhe in den 1920er Jahren an der Bibel, weil er sonst den ganzen Tag über nicht mehr dazu gekommen wäre. Aus diesen Studien entstanden seine Bücher "Biblische Taschenkonkordanz" (1930) und "Biblische Gestalten" (1934). Zum 150. Geburtstag von Aloys Henhöfer veröffentlichte Hauß 1939 vierzehn ausgewählte Predigten des badischen Erweckungspredigers.

 

Dekan Hauß am Haupteingang der Dietlinger Andreaskirche.

 

IM KIRCHENKAMPF

Nach dem zweiten Weltkrieg bemerkte Landesbischof Julius Kühlewein über Hauß: "Er war aber in besonders hervorragender Weise Mitglied der Bekennenden Kirche und ist als solches bei vielen Veranstaltungen, die sich gegen die, Deutschen Christen‘ und den Reichsbischof Müller gerichtet haben, als Sprecher aufgetreten. Er wurde daher fortgesetzt von der Gestapo verfolgt und, wo es ging, von der durch den Reichskirchenminister eingesetzten Finanzabteilung benachteiligt. Wir können für ihn das unbedingte Zeugnis ablegen ..., dass von ihm nur eine Einwirkung auf die Bevölkerung im Sinne der Besinnung und der inneren Umkehr zu erwarten ist. Der deutsch-christliche Freiburger Pfarrer Fritz Kölli hatte schon 1938 der Volksmission unter Leitung von Hauß ein unmissverständliches Zeugnis ausgestellt: "Und da betrachten wir uns den Hauptbeauftragten, Pfarrer Hauß von Karlsruhe, dem das Amt für Volksmission untersteht, und bemerken, dass er einer der einseitigsten Bekenner in Baden ist; und wir schauen uns seine Vertrauten im Lande an, und haben bei den meisten von ihnen keinen besseren Eindruck."

 

Dekan Friedrich Hauß vor der Sakristei der Dietlinger Andreaskirche mit der damaligen Kirchendienerin Maria Bischoff.

  

DEKAN IN DIETLINGEN  /  RUHESTÄNDLER IN NEUSATZ

Seit einer Evangelisation in Spöck waren der norddeutsche Evangelist Heinrich Kemner aus Ahlden und Hauß Freunde geworden. Kemner berichtete von einem gemeinsamen Dienst in Spöck: "Tief beeindruckt war ich von der Vollmacht seiner [Hauß’] Predigten. Er nannte die Sünde beim Namen ... Als dann meine Evangelisation begann, war das Sprungbrett gelegt. Das Gesetz hatte seine Wirkung getan, so durfte ich getrost das Evangelium verkündigen. Es folgte ein geistlicher Aufbruch, der mich tief beeindruckte ... Es war da erste Mal in meinem Leben, dass ich eine solche Anzahl von Beichten hören musste, dass die Nacht fast zum Tage wurde ... Auf seine [Hauß’] Anregung hin wurde ich von der Hannoverschen Landeskirche zu evangelistischen Diensten in der Badischen Kirche beurlaubt. Der Herr schenkte in den sechs Wochen in den verschiedensten Gemeinden reiche Frucht." In den fünfziger Jahren schrieb Hauß sein größtes Werk, die Biographiensammlung "Väter der Christenheit" mit rund 270 Kurzbiographien. 1959 ging er in den Ruhestand und wohnte in der Nähe des Henhöferheims Neusatz, das er 1930 für die christliche Jugendarbeit gegründet hatte. – In einem Brief bedankte sich Landesbischof Bender für den vierzigjährigen Dienst: "Ich bin Dir sehr dankbar, dass Du die volksmissionarische Arbeit weiter tust. Der Dienst der Bibelwochen ist von großer Bedeutung für unsere gesammelten Gemeinden; es muss uns noch mehr die Frage bewegen, wie wir an die Entfremdeten herankommen. Manchmal denke ich, dass es da kaum verheißungsvolle allgemeine Methoden gibt, weil sich die Menschen heute ,Versammlungen‘ gern entziehen, es sei denn, dass sie besonders ,gewürzt‘ sind (Gesundbeter etc.). Der Zeugendienst löst sich m. E. immer mehr in Einzelgefechte auf: Nachbar zu Nachbar, Arbeiterkollege zu Arbeiterkollege und wo es Gelegenheiten zum Zeugnis gibt. Diese Gelegenheiten zu erkennen und wahrzunehmen, bedarf es aber eines missionarischen Geistes. Dass Gott diesen Geist über uns und unsere Kirche ausgieße, ist meine Bitte."

 

Friedrich Hauß als Ruheständler in Neusatz.

  

Landesbischof Heidland sagte bei der Karlsruher Trauerfeier für Hauß, was er der Landeskirche bedeutet hat: "... es war im Jahre 1924, als der junge Nöttinger Pfarrer Friedrich Hauß mit einem Kreis von Freunden eine Freizeit für Heidelberger Theologiestudenten abhielt. Bei dieser Freizeit ergab es sich, das der Freundeskreis seine Vorstellungen über die kirchliche Arbeit zu Papier brachte ... Mit diesem Wort trat, wenn ich recht sehe, zum ersten mal der junge Pfarrer Hauß aus seinem persönlichen Dienstbereich in den Raum der Landeskirche ... Friedrich Hauß gehört zu den Bauleuten, durch die Jesus Christus in unserer Landeskirche Großes getan hat ... Friedrich Hauß ist der große geistliche Architekt, der nun in dem letzten halben Jahrhundert unserer Landeskirche hin und her im Land, geistliche Werke errichtet hat, in denen wir uns bewegen, in denen sich die Gemeinde trifft, oft ohne an den Urheber überhaupt zu denken. Ich nenne nur die Bibelwoche, die auf ihn zurückgeht, die Pfarrerfreizeiten, den Theologendienst, die ,Kirche unterwegs‘, den Henhöfertag ... So dürfen wir jetzt auf das Lebenswerk von Friedrich Hauß blicken, als auf ein Werk unseres Herrn und dürfen danken."

Dr. Jochen Eber
Leiter des Friedrich-Hauß-Studienzentrums in Schriesheim
Abdruck mit freundlicher Genehmigung
Photos: 1 + 4 / Friedrich-Hauß-Studienzentrum
Photos: 2 + 3 / Archiv der Kirchengemeinde Dietlingen