Vorwort Pfarrerin Lieb

Unsere Kirchengemeinde wurde vom 4. Juli - 9. Juli 2017 visitiert. Wir bekamen von einer Kommission, bestehend aus Mitgliedern des Bezirkskirchenrates und des Dekanates, Besuch. Die Teilnehmer waren: Dekan Dr. Christoph Glimpel, Schuldekanin Katharina Vetter, Pfarrer Matthias Götze, Bezirkskirchenrätin Angela Ochner und Bezirkskirchenrätin Gerlinde Zachmann. Die Kommission hat sich unsere Kirchengemeinde angeschaut und uns daran erinnert, dass auch Kirchengemeinden auf den Blick Außenstehender angewiesen sind. Sie haben wahrgenommen, wertgeschätzt und mit uns Ziele und Visionen für die nächsten Jahre entworfen. Mehr darüber können Sie auf dieser und weiteren Seiten nachlesen.

  

  

Anlässlich der Visitation hat der Kirchengemeinderat ein Leitbild für unsere Gemeinde entworfen, in dem es um diesen liebevollen Blick Gottes geht. An ihn zu erinnern, ihn zu leben und unser Leitbild mit Leben zu füllen, ist eines unserer Ziele für die kommenden Jahre.

In unserem Uhland-Kindergarten haben wir damit schon angefangen im Rahmen einer Projektwoche unter dem Motto: Hat Gott eine Brille? Jedes Kind hat eine Jesusbrille bekommen und gemeinsam haben wir ihn geübt: Den liebevollen Jesusblick auf uns und auf andere.

Ganz herzlichen Dank allen, die mitgeholfen haben, diese Woche zu gestalten: Für die vielen kleinen und großen Imbisse, alle Begegnungen, alle Zeit, die Menschen uns in dieser Woche geschenkt haben, alle helfenden Hände im Hintergrund, alle Vorbereitungen im Vorfeld, alle Teilnahme an den Veranstaltungen der Woche und die Musik im Gottesdienst von Singkreis und Posaunenchor.

Und ganz herzlichen Dank der Kommission für den anregenden, wertschätzenden, liebevollen Blick auf unsere Gemeinde. Schön, dass Sie bei uns zu Besuch waren.

Ihre Pfarrerin Martina Lieb

 

 

Was ist Visitation?

GESCHICHTLICHER RÜCKBLICK

Seit den Tagen der Reformation gehört die Visitation zu den Grundformen evangelischer Kirchenleitung. In der katholischen Zeit hat es das Lehramt des Papstes gegeben, das sagte, was der rechte Glaube ist. Martin Luther hatte der Einzelgemeinde die Kompetenz in Sachen Lehre und Pfarrerwahl ausdrücklich zugesprochen. Die Schwärmer hatten das so ausgelegt, dass jeder predigen soll, was der Heilige Geist ihm eingibt. Das hatte zu einer Bedrohung der reformatorischen Lehre geführt.

Darum wurde früh eine Visitation eingeführt, die auf eine Rückschau hinauslief auf das, was sich in der der Gemeinde entwickelt hatte. Der Pfarrer sollte einen Rechenschaftsbericht abliefern, wie er den neuen Glauben verstand und wie er ihn auslegte. Diese Grundintention hat sich lange erhalten.

  

NEUES VERSTÄNDNIS

Etwa von 1950 an war eine Krise der Volkskirche nicht mehr zu übersehen. Die Austrittszahlen nahmen zu. Man musste zur Kenntnis nehmen, dass es immer weniger selbstverständlich ist, Kirchenmitglied zu sein. Die Kirche muss ihre Mitglieder erst gewinnen. Kirche wurde jetzt zunehmend als Unternehmen verstanden, das Kunden gewinnen und für sein Produkt werben muss. Management, Controlling und "corporate identity" hießen nun die Zauberworte, mit deren Hilfe das Kirchenschiff wieder flott und für seine Passagiere attraktiv gemacht werden sollte.

Der Lernprozess ging weiter, weil sich die Rahmenbedingungen der kirchlichen Arbeit verändert haben. Die Gemeinden sind heute viel größer als in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts. Den Pfarrern und der Gemeindeleitung wird ihr Arbeitsprogramm von den Rahmenbedingungen diktiert.

  

BEISPIEL DIETLINGEN

Auch wir hatten in den letzten Jahren oft den Eindruck, dass wir nur noch reagieren. Die Pfarrstelle musste neu besetzt werden. Die Kirche musste renoviert werden. Die beiden Kindergärten mussten versorgt werden. Die politische Gemeinde wollte die Kindergartenarbeit neu strukturieren und wir mussten reagieren. Die Nutzung des Oberlinhauses mußte neue geregelt werden. Der nächste Haushaltsplan muss fertig werden - und und und! Wenn man unter einem solchen Zeitdruck steht, ist die Gefahr groß, dass man nur noch vor sich hin wurstelt und nicht mehr dazu kommt, zu überlegen, was eigentlich wichtig wäre, weil es zu unserem Auftrag gehört oder weil Menschen es brauchen.

  

SINN DER VISITATION

Von Zeit zu Zeit ist es einfach notwendig, innezuhalten, sich bewußt zu machen:

  • Was läuft im Augenblick bei uns und was läuft nicht? (Bestandsaufnahme)
  • Man muss in Ruhe überlegen können: "Was wäre denn jetzt wirklich wichtig? In welche Richtung wollen wir unsere Gemeinde weiterentwickeln?" (Zielformulierungen)
  • Und mit welchen Mitteln soll sich "unsere" Gemeinde entwickeln? (Praktische Vorgehen)

  

BADISCHE ORDNUNG DER VISITATION

  • Das soll in einer Visitation geschehen. Nach der Ordnung unserer Landeskirche soll eine Orientierung alle 7 Jahre stattfinden.
  • Weil die Gemeinden überfordert wären, wenn sie eine solche Orientierung allein planen und gestalten sollten, gibt die Kirche einen Rahmen mit bestimmten Schritten und bestimmten Themen vor.
  • Die Kirche begleitet die Gemeinde durch ein Visitationsteam, das auf Bezirksebene gebildet wird. Dieses Team soll die Gemeinde ein Stück weit erleben und dann eine Rückmeldung von außen geben. "Wir erleben euch so!" Es soll außerdem Erfahrungen einbringen, wie man bestimmte Probleme in anderen Gemeinden angepackt hat.

Eine solche Visitation hat es in Dietlingen zum letzten Mal im Jahr 1999, also vor 18 Jahren gegeben. Sie ist also seit 11 Jahren überfällig.

Der Kirchengemeinderat hat darum beschlossen, im Jahr 2012 die Aktion "Gemeinde leben und erleben" durchzuführen, die wesentliche Intentionen einer Visitation aufnahm.

  

EINBEZIEHUNG DER GEMEINDE

Diese Aktion macht deutlich, dass eine solche Ausrichtung der Arbeit in einer Gemeinde nicht von der einen Person im Pfarramt geleistet werden kann, auch nicht von einer kleinen Gruppe, sondern möglichst alle Arbeitsgebiete und die verantwortlichen Personen einbezogen werden müssen. Es sollen Erfahrungen aus den Gruppen und Wahrnehmungen der Gemeinde einbezogen werden. Für neue Akzentsetzungen in der Arbeit sollen Vorschläge gesammelt werden. Zu möglichen Zielformulierungen für die nächsten Jahre sollen in einer frühen Phase des Klärungsprozesses Verantwortliche und Engagierte gehört werden.

Wolfgang Raupp

 

 

Unser Leitbild

Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Ehre.
Römer 15, Vers 7

 

Wir glauben an einen barmherzig handelnden Gott, der sich jedem von uns in Christus zuwendet. In seinem Namen leben und erleben wir Gemeinde bunt und vielfältig.

Das geschieht in einem achtsamen Miteinander in unseren Gruppen und Kreisen und in den Gottesdiensten, die wir zusammen feiern. Und das geschieht, wo wir uns berühren lassen von den Menschen, die mit uns in unserem Dorf leben - besonders wenn sie unsere Hilfe brauchen. Unabhängig von ihrer Herkunft und Religion wollen wir sie auf- und annehmen wie Christus uns angenommen hat. Durch Christus sind wir mit allen Christen in der Welt verbunden und wissen uns als Teil des weltweiten Leibes Christi. 

 

 

Wozu Visitation? Wozu Zielvereinbarungen?

Wozu braucht man eine Visitation? Ich könnte auch fragen: Wozu braucht man einen Spiegel? Ich bin doch komplett auch ohne Spiegel! Trotzdem besitzen die allermeisten Menschen einen Spiegel und schauen täglich rein. Der Spiegel ermöglicht mir nämlich einen Blick auf mich selbst, der mir ohne Spiegel nicht möglich ist. Ein solcher Spiegel ist die Visitationskommission für eine Gemeinde. Damit die Gemeinde Dinge sieht, die sie ohne den Spiegel nicht sehen würden.

Das Bild des Spiegels macht aber auch deutlich: Die Gemeinde ist komplett auch ohne Visitationskommission. Sie hat ihr besonderes Aussehen, ihren besonderen Charakter, ihre besondere Geschichte. Und der Spiegel wird an all dem auch nichts Grundlegendes ändern können. Der Spiegel ist kein Chirurg, die Visitation will und kann die Gemeinde keiner Operation unterziehen. Sie kann aber die Gemeinde darin bestärken, bestimmte Operationen selbst zu unternehmen. Oder sie kann der Gemeinde sagen: Das, was ihr gemacht habt, war ein schwerer Schritt, der nicht ohne Verletzungen geblieben ist. Wir sehen die Verletzungen, wir sehen aber auch, was geworden ist. Wir finden, dass Ihr die richtigen Entscheidungen getroffen habt. Wir stehen hinter euch, wir wollen euch den Rücken stärken.

Die Kirchengemeinde in Dietlingen hat in den vergangenen Jahren schwere Zeiten und große Herausforderungen erlebt. Manch harte, aber sinnvolle und verantwortungsvolle Entscheidung musste vom Kirchengemeinderat gefällt werden. Da lag und liegt große Verantwortung auf den Schultern von Ehrenamtlichen, und diese Verantwortung kann zu einer großen Belastung werden. Ich will meinen allergrößten Respekt zum Ausdruck bringen vor den Kirchengemeinderätinnen und Kirchengemeinderäten, die diese Gemeinde durch manche Stürme navigiert haben. Wir haben den Eindruck gewonnen, dass auf diesem Wege ganz viel Gutes entstanden ist. Das wollen wir Ihnen heute spiegeln.

Auch in Zukunft stehen große Herausforderungen an. Ich denke an die Renovierung des Oberlinhauses und an die Renovierung oder Neugestaltung des Altarraumes. Diese Aufgaben stehen fest, und sie werden die Kräfte des Kirchengemeinderates stark beanspruchen. Es wäre daher unverantwortlich, wenn wir den Kirchengemeinderätinnen und Kirchengemeinderäten, wenn wir dieser Gemeinde durch die Zielvereinbarungen noch mehr Aufgaben aufladen würden. Die Zielvereinbarungen sollen an dem Aussehen, das diese Gemeinde hat und an den Kleidern, für die sie sich entschieden haben, lediglich das eine oder andere noch besser zur Geltung bringen. Sie stammen übrigens nicht nur von der Visitationskommission, sondern sind in den Gesprächen hier vor Ort entstanden. Die Kirchengemeinderätinnen und -räte haben sie gleichsam selbst im Spiegel entdeckt.

Es kann daher in den Zielvereinbarungen auch nicht darum gehen, alle Felder der Gemeindearbeit abzudecken. Es geht nur darum, hier und da Impulse zu setzen. Das viele andere, was ohnehin läuft und ansteht in der Gemeinde, ist davon unberührt. Es geht darum, hier eine Haarsträhne zu kämmen und dort eine Falte auszubügeln oder auch die schöne Krawatte besser zu binden, die durch einen ungeschickten Knoten hinter ihren Möglichkeiten zurückbleibt. Bei den Zielvereinbarungen geht es also nicht um den Kauf neuer Kleider für die Gemeinde, sondern um das Zurechtschneiden der vorhanden Kleider hier und da, sodass sie noch besser zur Geltung kommen. Besonders deutlich wird das an den Zielvereinbarungen zu Kirche und Oberlinhaus: Diese Baustellen stehen ohnehin an, es wäre daher nicht sonderlich originell gewesen sie als Ziele zu formulieren. Wir haben aber zu beiden Baustellen Zielvereinbarungen formuliert, die innerhalb des ohnehin Anstehenden bestimmte Akzente setzen.

Wenn dann die Visitationskommission im März 2019 wiederkommt um ihren Zwischenbesuch abzuhalten, dann kommt sie nicht, um zu kontrollieren, ob denn die Zielvereinbarungen eingehalten wurden. Sie kommt vielmehr, damit die Dietlinger selbst in den Spiegel schauen und erkennen können: So ist es uns ergangen mit den Zielvereinbarungen, diese oder jene Erfahrungen haben wir gemacht, das war gut und jenes war nicht so gut usw.

Wir waren gerne in Dietlingen und haben die Gemeinde hier sehr gerne gespiegelt. Es gibt in diesem Ort eine tiefe Verbundenheit mit Kirche, es gibt Menschen, die ganz viel Kraft und Zeit in die Gemeinde investieren, es gibt tiefen Glauben und es gibt eine Pfarrerin, die Frieden bringt und die lebt, was sie verkündet. So sind wir gespannt, was an diesem Ort noch alles wachsen, welche Kleider hier noch zu sehen sein werden.

Dr. Christoph Glimpel / Dekan im Kirchenbezirk Pforzheim-Land

 

 

Zielvereinbarungen

  

Festgelegt in der 41. Sitzung des Kirchengemeinderates der Evangelischen Kirchengemeinde Keltern-Dietlingen.

  

  1. Wir werben für die Arbeit im Kirchengemeinderat, um Menschen dafür zu gewinnen. Im "Heimatgruss" wird regelmäßig über Ergebnisse der Arbeit des Kirchengemeinderates berichtet. Gemeindeversammlung und Gemeindebeirat finden mindestens einmal jährlich statt.
     
  2. Bis Mitte 2018 ist ein regelmäßiges, gemeinsames Abendessen von geflüchteten und einheimischen Menschen eingerichtet. Dafür bringen alle etwas mit. Das Miteinander wird genutzt, um Glaubensthemen, z.B. kirchenjahreszeitlich, einzubringen.
     
  3. Einmal im Jahr findet ein Treffen von Vertreterinnen und Vertretern der Kommune, der Kindergärten und der Schule statt. Es dient der Vertrauensbildung und dem Austausch von Informationen, Anliegen und Wünschen.
     
  4. Im Jahr 2018 findet erstmals ein Gottesdienst statt, der das Konzept von "Back to Church" in Dietlingen umsetzt.
     
  5. Im Rahmen der ohnehin anstehenden Renovierung des Oberlinhauses, wird, in Zusammenarbeit mit dem Projekt der Badischen Landeskirche "Jugend braucht Räume“, bis zum Jahr 2018, ein Gesamtkonzept für die Gestaltung von Räumen mit und für Jugendliche entwickelt.
     
  6. Im Rahmen der ohnehin anstehenden Restaurierung und Gestaltung des Altarraumes, wird es in der Kirche eine Hilfestellung für das Stille werden vor Gott geben; z.B. wird in der Kirche ein Kerzenständer aufgestellt, sowie/oder ein Gebetsbuch ausgelegt. So wird die offene Kirche noch besser genutzt.