Jubilate / 29. April 2012 / Konfirmation
Kantate / 6. Mai 2012 / Konfirmation
Pfarrerin Martina Lieb

  

In deiner Hand lautet das Motto dieses Gottesdienstes, denn im Buch des Propheten Jesaja steht geschrieben:

 

So spricht Gott: Siehe, in die Hände habe ich dich gezeichnet; deine Mauern sind immerdar vor mir.
Jesaja 49, Vers 16

 

Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden, liebe Gemeinde!

Wir glauben an einen Gott, der manchmal eigenartige Dinge tut: Zum Beispiel zeichnet er uns Menschen in seine Hände.

Dass man sich manchmal etwas in die Hände schreibt, das werden die meisten von Ihnen wahrscheinlich kennen. Auf manche Klassenarbeiten sind Schüler deshalb gut vorbereitet, weil sie sich das Wichtigste des jeweiligen Faches in die Hand geschrieben haben. Der ein oder andere schreibt sich auch Einkaufszettel auf die Hand. Manchmal kommt es sogar vor, dass Menschen, die heiraten, sich das Eheversprechen und somit all das, was sie dem anderen sagen wollen, in die Hand schreiben. Gott schreibt keine Klassenarbeiten, er braucht auch keine Einkaufslisten. ER heiratet auch nicht im klassischen Sinne. Aber er tut etwas Vergleichbares. Er schließt einen Bund mit uns Menschen. Mit jedem einzelnen Menschen neu. Damit er diesen Bund vor Augen hat, sind seine Handflächen voll geschrieben, natürlich nicht mit abwaschbarer Tinte. Gott hat in seine Handflächen unzählig viele Tattoos eingeritzt, kleine Tätowierungen, die ihn an die Menschen erinnern, die für ihn das Wichtigste sind. Zumindest sagt das der Prophet Jesaja:

So spricht Gott: Siehe, in die Hände habe ich dich gezeichnet. Dich: Jennifer, Dennis, Benjamin, Sara, Franziska, Lukas, Noemi, Oliver, Niklas, Mona, Jessica, Luis, Leonie, Annika, Franziska, Selina, Franziska, Nikolai, Michelle, Ronja, Tristan, Aaron, Hannah, Gero, Marcel, Julian, Olivia, Sammy, Lea, Jan, Yannick, Dennis. In die Hände habe ich dich gezeichnet. Deine Mauern sind immerdar vor mir.

 

 

Natürlich sind in Gottes Handflächen viele, viele andere Menschen eingezeichnet, aber um Euch geht es heute ganz besonders. Euch und eure Mauern hat sich Gott in die Handflächen graviert. Jeder Mensch ist für Gott ein kostbares Gebäude, für das es einen Grundriss oder einen Grundplan gibt. Von Anfang an ist in diesem Grundriss festgelegt, wo beispielsweise die tragenden Mauern eines jeden kostbaren Menschengebäudes stehen sollen. Damit sich Gott diese Mauern, diesen Grundplan Eures Lebens immer vor Augen halten kann, hat er sich Euch und Eure Mauern in die Hände gezeichnet.

Aber warum? Wieso macht Gott so etwas?

Dass Ihr eingezeichnet wurdet in die Hände Gottes, das war der Wunsch und die Entscheidung Eurer Eltern. Sie haben Euch, die meisten als kleine Kinder, taufen lassen. In der Taufe geschieht genau das: Gott schließt einen Bund mit uns. Er verbindet sich mit unserem Lebensweg. Wir werden, so wie wir sind, eingeschrieben in die Hände Gottes. Und da bleiben wir, egal was mit uns passiert, egal wie viel wir von unserem Lebensgebäude nach Plan bauen können oder wie viel ungeplant läuft. Eure Eltern haben Euch in der Taufe den Händen Gottes anvertraut, wahrscheinlich, weil sie gespürt haben, dass man das Leben des eigenen Kindes nie ganz in der Hand hat. Dass Kinder trotz allerbester Begleitung durch die elterlichen Hände immer darauf angewiesen sind, dass es einen größeren Schutz in ihrem Leben gibt als den, den wir Menschen uns gegenseitig geben können. Ihr seid getauft, Ihr seid eingezeichnet in die Hände Gottes. Euch das immer mal wieder zu erzählen, das haben Eure Eltern und Paten bei Eurer Taufe versprochen. Sie haben die Verantwortung dafür übernommen, dass in Euch das Wissen lebendig bleibt, dass Euer Leben in Gottes Händen liegt.

Heute sind Eure Eltern, Paten, Familien und Freunde da und bringen damit ihr Zutrauen in Euch zum Ausdruck, dass Ihr die Verantwortung dafür, dass dieses kostbare Wissen in Euch lebendig bleibt, selbst in die Hand nehmen könnt.

"Einmal fanden zwei Jugendliche, die in den Slums von Südafrika lebten, einen kleinen Vogel. Sie schauen sich den Vogel eine Weile an: Er sieht zerzaust aus. Als ihn einer der Jungen in die Hand nimmt, zuckt er ängstlich und flattert aufgeregt hin und her. In jugendlichem Übermut beschließen die beiden, eine alte blinde Frau zu besuchen. Viele Menschen behaupten, die alte blinde Frau sei weise. Sogar die Eltern der Jugendlichen glauben das. Die beiden Jugendlichen wollen die Weisheit der Frau auf die Probe stellen. Als sie nach einem längeren Fußmarsch vor ihrem Haus stehen, wird ihnen ein bisschen mulmig. Vielleicht sollten sie doch besser umkehren? - Ach was, jetzt waren sie schon mal hier. Jetzt wollten sie auch machen, was sie sich vorgenommen hatten. Nachdem sie die Frau begrüßt hatten, hielt der eine der beiden der blinden Frau seine Hände entgegen. Der Vogel darin flatterte aufgeregt. "Ist der Vogel in meiner Hand tot oder lebendig?“, fragte er die alte Frau. Schelmisch grinste er dabei. Lange und bedächtig schwieg die Frau. Je länger sie schwieg, desto angespannter wurden die beiden Jugendlichen. Dann lächelte die Frau plötzlich und sagte: "Ob der Vogel in deiner Hand tot oder lebendig ist, das weiß ich nicht. Alles, was ich weiß, ist: Er ist in deiner Hand. In deiner Hand." (nach: Toni Morrison, The Nobel Prize in Literature, 1993)

Bei Eurer Taufe haben eure Eltern Euch in Gottes Hände gelegt. Heute, bei Eurer Konfirmation legt sich Gott in Eure Hände. Mit Gott in Eurer Hand ist es wie mit dem Vogel in der Geschichte: In Eurer Hand liegt, was daraus wird. Selbst die weisen und klugen Menschen in Eurem Leben können und dürfen nichts anderes über Euren Glauben sagen, als das: Er liegt in Eurer Hand. Es ist Eure Verantwortung, ob Gott beziehungsweise Euer Glaube an Gott am Leben bleibt. Gleich einem Vogel ist Gott in Eurer Hand darauf angewiesen, dass Ihr ihn schützt, vorsichtig mit ihm umgeht und ihm Nahrung gebt.

Wie man mit Gott in der Hand leben kann, wie man dem eigenen Glauben Nahrung gibt, das habt Ihr im letzten Jahr gelernt: Manches war Euch klar: Man geht in den Gottesdienst, feiert miteinander Abendmahl, singt und betet. Glaube wächst aber auch, wenn man mit Menschen, mit denen man all das zusammen macht, einfach Zeit verbringt, Happy Familiy oder -  auf Wunsch des ein oder anderen Konfirmanden - auch Der Fuchs geht um spielt.

Heute ist ein besonderer Tag, denn Gott legt sich Euch in die Hände. Als Erinnerung daran legen wir während des nächsten Liedes jedem von euch ein kleines Kreuz in die Hand: Was ihr damit machen sollt?

Nun, es liegt in Eurer Hand. Es liegt in Deiner Hand.

Amen.