18. Juli 2008 / Familiengottesdient Kindergarten Uhlandstraße
Pfarrerin Katharina Vetter

  

"Der Bärenberg" nach einer Erzählung von Max Bolliger 

Am Fuße eines hohen Berges standen drei kleine Bären. Pimms, Pamms und Pummelchen ... Sehnsüchtig schauten sie zum Gipfel empor, der im Sonnenlicht strahlte. "Wie schön muss es da oben sein!" sagten die drei kleinen Bären zueinander. "Wir wollen versuchen hinauf zu klettern." Also machten sie sich auf den Weg.  Unterwegs erzählten sie einander Geschichten, sangen Bärenlieder und träumten von der Aussicht, die auf dem Gipfel des Berges auf sie wartete. Als sie eine Zeitlang gegangen waren, kamen sie zu einer Wegkreuzung.  Ein Pfad führte nach rechts, der andere nach links. "Das muss der richtige sein", sagte Pimms und schaute nach links. "Nein", sagte Pamms und schaute nach rechts. "Dieser hier führt schneller zum Ziel." Pummelchen aber konnte sich weder für den linken noch für den rechten Weg entscheiden. Einmal gab er Pimms recht, dann wieder Pamms.

Sie fingen an zu streiten. Pimms: "Der linke ist es!" Pamms: "Nein, der rechte!" Pimms: "Nein, der linke!" Pamms: "Nein, der rechte!" "Wir müssen uns trennen" sagte der Pimms. "Ja," stimmt auch Pamms zu. "Es ist besser, wenn jeder seinen eigenen Weg geht." So verabschiedeten sie sich von einander. Pimms wanderte nach links, Pamms wanderte nach rechts. Nur Pummelchen stand ratlos da und dachte: "Wohin soll ich denn gehen?" Pimms zog tüchtig aus. Er war nicht mehr so vergnügt wie vorher, doch er freute sich über die Blumen und Bäume am Wegrand. "Hallo, wo bist du?" hörte er plötzlich jemanden rufen. Doch als er sich umblickte, war niemand zu sehen. Es war Pummelchen gewesen, der da gerufen hatte. Er versuchte Pimms einzuholen. Aber es gelang ihm nicht, weil er immer wieder stehen blieb und rückwärts schaute. Der Weg wurde steiler und steiler. Pimms wischte sich den Schweiß von der Stirn. Doch er gab nicht auf, und der Gipfel rückte mit jedem Schritt näher. Der Weg führte ihn durch einen dunklen Wald, über eine Geröllhalde bis zu einem Abgrund, über den ein schmaler Steg führte. Direkt davor versperrte ein Wolf den Weg. Er fletschte mit den Zähnen und fragte: "Was willst du hier?" "Ich will auf den Gipfel!" antwortete Pimms. "Auf den Gipfel! Hohoho!" höhnte der Wolf. "Nur wenn du mich besiegst!" Pimms fürchtete sich vor dem Wolf. Aber er dachte: Ich bin nahe am Ziel. Eher will ich den Wolf überlisten als wieder umkehren. Also sagte er zum Wolf: "Du siehst so hungrig aus. Magst du dich vor dem Kampf nicht erst einmal stärken?" Und er packte aus seinem Rucksack leckere Wurst und drei Honigbrote aus. Das duftete so wunderbar, dass dem Wolf - der wirklich sehr hungrig war - das Wasser im Maul zusammenlief. Er sprang herzu, stürzte sich auf das Essen und verschlang es mit gierigen Bissen. Pimms hatte nicht lange gezögert. Als er den Steg so unbewacht sah, wuchs sein Bärenmut, und er rannt auf die andere Seite des Abgrunds. "Du hast mich überlistet", brüllte ihm der Wolf hinterher und wollte ihm nachsetzen, doch mit seinem vollen Bauch holte den kleinen Bären nicht mehr ein. Pummelchen hatten den Wolf von weitem erblickt. Er kehrte um und lief so schnell er konnte zur Wegkreuzung zurück.

Auch Pamms zog tüchtig aus. Er war nicht mehr so vergnügt wie vorher, doch er freute sich über die Blumen und Bäume am Wegrand. "Hallo, wo bist du?" hörte er plötzlich jemanden rufen. Doch als er sich umblickte, war niemand zu sehen. Es war Pummelchen gewesen, der da gerufen hatte. Er versuchte Pamms einzuholen. Aber es gelang ihm nicht, weil er immer wieder stehen blieb und rückwärts schaute. Der Weg wurde steiler und steiler. Pamms wischte sich den Schweiß von der Stirn. Doch er gab nicht auf, und der Gipfel rückte mit jedem Schritt näher. Der Weg führte ihn durch einen dunklen Wald, über eine Geröllhalde bis zu einem Abgrund, über den ein schmaler Steg führte. Direkt davor versperrte ein Tiger den Weg. Er fletschte mit den Zähnen und fragte: "Was willst du hier?" "Ich will auf den Gipfel!" antwortete Pamms. "Auf den Gipfel! Hähähä!" höhnte der Tiger. "Nur wenn du mich besiegst!" Pamms fürchtete sich vor dem Tiger. Aber er dachte: Ich bin nahe am Ziel. Eher will ich mich dem Tiger stellen als wieder umkehren. Also sagte er zum Tiger: "Lass uns miteinander kämpfen." Je länger der erste kleine Bär mit dem Tiger rang, um so mehr spürte er in sich seinen Bärenmut wachsen. Und er gab nicht nach, bis er den Tiger bezwungen hatte. "Du hast mich besiegt", schnaufte der Tiger und gab dem kleinen Bären den Weg zum Gipfel frei. Pummelchen hatten den Tiger von weitem erblickt. Da verließ ihn all sein kleiner Bärenmut. Er kehrte um und lief so schnell er konnte bis nach Hause zurück. So erfuhr Pummelchen nicht, dass Pimms den Wolf besiegt und Pamms den Tiger überlistet hatte und dass der rechte und er linke Weg auf dem Gipfel zusammenführten. Pimms und Pamms waren glücklich, einander wieder zu sehen. Sie umarmten einander. Dann staunten die über die Aussicht, die schöner und weiter war, als sie es sich erträumt hatten. "Wie schade, dass Pummelchen nicht bei uns ist", sagten die beiden kleinen Bären. Pimms: "Wir wollen ihm von der schönen weiten Aussicht hier erzählen." Pamms: "Und davon wie wir erst Angst hatten und sie dann besiegt haben."  Pimms: "Wir können ihn ja auch ein bisschen begleiten, wenn er will." Pamms: "Vielleicht bekommt er dann Mut, seinen eigenen Weg zu gehen und sich weder vor Wölfen, noch vor Tigern noch vor anderen Gefahren zu fürchten." Und dann riefen beide ganz laut: "Pummelchen, Pummelchen!"

Kurzansprache

"Wie schade, dass Pummelchen nicht bei uns ist", sagen die beiden kleinen Bären auf dem Gipfel des Berges. Sie haben Gefahren überstanden. Jetzt genießen sie die Aussicht, von der sie geträumt haben, nach der sie sich gesehnt haben. Und sie vermissen den dritten im Bunde, der sich mit ihnen auf den Weg gemacht hatte.

Lass mich den Weg finden, den ich gehen soll, denn ich sehne mich, Gott, nach dir.

Pummelchen hatte auch Sehnsucht nach dem prallen Leben und der schönen, weiten Aussicht vom Berggipfel aus. Der Streit der drei Freunde an der Eulenkreuzung hat ihn offensichtlich am meisten verwirrt. Weil er sich nicht zwischen Pimms und Pamms entscheiden kann, stürzt er in tiefste Verzweiflung. Erst rennt er Pimms hinterher und kann es nicht aushalten, dass Pamms sich so immer weiter von ihnen entfernt. Dann läuft er Pamms nach und erträgt es nicht, dadurch Pimms aus den Augen zu verlieren. So erschöpft er sich und kann mit keinem von beiden Schritt halten. "Hallo, wo bist du?" ruft er den Freunden nach - doch keiner antwortet. Voller Freude treten die Schulanfänger den Weg in die Schule an - sie haben ja schon geschnuppert. Bald werden sie richtig dazu gehören. Und zum Glück nehmen sie ihre Kindergarten­freunde mit. Doch nachdem die ersten Wochen um sind, stellen sich neue Erfahrungen ein und die vertrauten Freundschaften verändern sich. Die alten Freunde gehen neue, eigene Wege. Was jetzt?

Lass mich den Weg finden, den ich gehen soll, denn ich sehne mich nach dir.

Ich erinnere mich noch gut an das Herzeleid, dass meine Kinder trugen (und immer wieder einmal tragen), wenn die "besten Freunde" plötzlich fremde Gipfel stürmen ... Und ich erinnere mich daran, wie lange ich brauchte, um heraus zu finden, warum mein Kind Bauchweh hatte, übellaunig und gereizt war und überhaupt nicht so voran kam, wie ich das erwartet hatte.

Lass mich den Weg finden, den ich gehen soll, denn ich sehne mich nach dir.

Als Pummelchen von weitem noch zwei schrecklich, bedrohliche Tiere sieht, hat er nur noch Sehnsucht nach Hause. Und dahin rennt er auch ganz schnell. So wie "Hänschen klein", dem plötzlich auffällt, dass er sich wohl doch zu weit aus dem schützenden Raum hinaus gewagt hat. Ob Sie, liebe Eltern, dann immer wieder Mitgefühl für Ihr Kind aufbringen, wenn es bei Ihnen Zuflucht sucht? Mir ist das schwer gefallen. Ich hatte Mühe damit, nach zu vollziehen, was in der Schule so abläuft und was mit meinem Kind geschieht. Die Kinder sind viel mehr in ihrer Eigenverantwortung gefordert als zu meiner Schulzeit. Manchmal hat es mir gut getan, mit der Lehrerin zu sprechen, manchmal hat das nicht viel gebracht. Eins ist mir klar geworden: "Zuflucht" ist wichtig. Auch unsere Schulkinder brauchen "geschützte Räume" und "geschützte Zeiten" in denen sie sich zum nächsten Anlauf für den Gipfelsturm durchringen können.

Lass mich den Weg finden, den ich gehen soll, denn ich sehne mich ...

Da sind die Menschenkinder wie die Bärenkinder: Jedes ist anders und jedes braucht seine Zeit, wenn es seinen Weg finden will. Lassen wir doch Zeit. Lassen wir unseren Kindern doch auch ihre Krankheiten und Traurigkeiten mit denen sie zu eigener Wachstums­zeit kommen. Pimms sagt: "Wir wollen Pummelchen von der schönen weiten Aussicht hier erzählen." "Und davon wie wir erst Angst hatten und sie dann besiegt haben." ergänzt Pamms. "Vielleicht bekommt er dann Mut, seinen eigenen Weg zu gehen und sich weder vor Wölfen, noch vor Tigern noch vor anderen Gefahren zu fürchten." Wie schön, wenn es Ihnen gelingt, Ihre Kinder immer wieder zu trösten und zu ermutigen. Da können auch Oma und Opa mithelfen. Und sicher werden Sie auch die Freundschaften Ihres Kindes wohlwollend begrüßen und fördern. Vielleicht werden Sie auch staunen, welche neue Freunde Ihr Kind für sich auswählt. "Wir können Pummelchen ja auch ein bisschen begleiten, wenn er will." schlägt Pimms vor. Ja, das dürfen Sie als Eltern ruhig ab und zu auch wirklich tun: Ihr Kind an die Hand nehmen und in die Schule begleiten, vielleicht an einem Waldtag oder bei anderen Projekten. Wie stolz die Kinder dann sind, dass Mama oder Papa etwas einbringen können in ihre neue Gemeinschaft. "Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind heran wachsen zu lassen." sagt man in Afrika.

Lass mich den Weg finden, den ich gehen soll, denn ich sehne mich, Gott, nach dir.

Das gilt ja auch für uns Große, dass wir Sehnsucht haben nach einem erfüllten, gelingenden Leben. Und wenn die Schulzeit unserer Kinder uns wieder erinnert an die Erfahrungen, die wir mit Schule gemacht haben, dann werden wir Ähnlichkeiten bemerken und Unterschiede. Wir werden uns manchmal ärgern und hoffentlich viel öfter schmunzelnd sagen: "Tja, so war ich auch." Vielleicht können wir dann mit Gelassenheit unseren Kindern das ermöglichen, was wir uns damals von unseren Eltern gewünscht hätten. Vielleicht entdecken wir auch, dass aus fast jedem "Pummelchen" mit Gottes Hilfe ein tapferer "Puh" geworden ist.

Lass mich den Weg finden, den ich gehen soll, denn ich sehne mich, Gott, nach dir.

Gottes Gegenwart im Leben Ihrer Kinder können sie ja im Rückblick schon heute entdecken. Erinnern Sie sich z.B. an die Schwangerschaft und Geburt ... an die ersten Lebensjahre ... und dann der Eintritt in den Kindergarten ... Und jetzt ist der Kindergarten für Ihr Kind eine Heimat geworden! Ja, Ihr Kinder: Selbstbewusst und frei seid ihr hier im Kindergarten eigene Wege gegangen. In jedem von euch stecken doch die Fähigkeiten von allen drei kleinen Bären aus unserer Geschichte: Manchmal seid ihr listig und biegsam wie Pimms, dann wieder mutig und bärenstark wie Pamms und nur dann und wann unschlüssig und furchtsam wie Pummelchen.

Lass mich den Weg finden, den ich gehen soll, denn ich sehne mich, Gott, nach dir.

Zuverlässig, stark und beschützend ist unser Gott. Und auch sanft und liebevoll und kuschelig weich. Gott sieht die Schätze, die du in deinem Herzen trägst. Er freut sich, wenn du deinen eigenen Weg findest und darauf erfolgreich unterwegs bist. Dazu schenkt er dir heute seinen Segen.

Segnung der Schulanfänger-innen

Den möchte ich Euch ganz persönlich zusprechen. Dazu kommt Ihr bitte alle nach vorn. Eure Erzieherinnen werden jedem von Euch erzählen, was sie besonders an Euch schätzen. Und jeweils im Anschluss daran lege ich meine Hände auf deinen Kopf als Zeichen für Gottes Segen. Danach singen wir alle gemeinsam: Das wünsch ich sehr, dass immer einer bei dir wär', der lacht und spricht: Fürchte dich nicht.

Wort der Erzieherinnen zu jedem Kind

Gott segnet dich und behütet dich. Er schaut dich freundlich an und ermutigt dich. Du darfst ihm vertrauen. Amen.