Miserikordias Domini / 6. April 2008 / Konfirmandengespräch
Pfarrerin Katharina Vetter

  

Lied: EG 268 / Strahlen brechen viele ...

Zweige wachsen viele aus einem Stamm. Unser Stamm heißt Christus.
Zweige wachsen viele aus einem Stamm - und wir sind eins durch ihn.

Text: Dieter Trautwein 1976 / Melodie: Olle Widestrand 1974  

"Zweige wachsen viele aus einem Stamm, unser Stamm heißt Christus." Wir wollen heute das Konfis-Thema nochmal aufnehmen und weiterführen - Suche nach dem Bild von den Zweigen, die aus einem Stamm wachsen -  Abschnitt aus dem Römerbrief, Kapitel 11, Verse 16 - 24.  Für diesen besonderen Gottesdienst, eine andere Art gewählt, sich dem Predigttext zu nähern. Es geht weniger darum, dass ich über den Text spreche und mehr darum, dass wir alle miteinander mit dem Bibeltext ins Gespräch kommen. Ich werde den Abschnitt zweimal vorlesen. Zuerst insgesamt.

Vor Ihrem/Eurem inneren Auge werden Bilder entstehen, Euch wird einfallen, was ihr bisher dazu erlebt habt oder gehört habt. Schaut Euch zuerst dieses "Kino im Kopf“ an. Der Apostel Paulus benutzt in seinen Brief an junge christliche Gemeinde in Rom das Bild vom Ölbaum. Es soll den neuen Christen vor Augen führen, wie Gott sie in die Gemeinschaft der Glaubenden einfügt.

 

 

 Die Frage der römischen Christen war damals: Hat Gott seine Liebe den Juden entzogen und sie dafür den Christen geschenkt? Hat Gott die Juden weggeworfen, wie man Zweige wegwirft, die man an einem edlen Ölbaum ausbricht?

 

Paulus schreibt dazu: Wenn die Wurzel des Baumes heilig ist, so sind es auch die Zweige. Einige Zweige an dem edlen Ölbaum sind ausgebrochen worden, damit Ihr unter die übrigen als neue Zweige eingepfropft werden konntet. Und obwohl ihr als wilde Zweige von einem wilden Ölbaum stammt, habt ihr jetzt Anteil an der Wurzel und den Lebenssäften des edlen Ölbaums. Also: Seid nicht überheblich gegenüber den Zweigen, die zuerst ausgebrochen wurden. Ihr habt keinen Grund, euch etwas auf Euren Platz einzubilden, denn nicht ihr erhaltet die Wurzel am Leben, sondern die Wurzel trägt euch. Ihr werdet vielleicht sagen: "Die Zweige sind ausgebrochen worden, um uns Platz zu machen!“ Das stimmt. Sie wurden ausgebrochen, weil sie nicht zum Glauben an Jesus gefunden haben. Ihr aber gehört dazu, weil ihr glaubt und euch im Glauben bestärken lasst. Darauf könnt Ihr ja nicht gut stolz sein, denn Gott selbst schenkt euch den Glauben. Gott hat die ursprünglichen Zweige des edlen Baumes nicht verschont. Also wird er wohl auch Euch "Wildlinge" nicht verschonen. Schaut! So ist Gott - gütig und streng zugleich. Streng ist er zu denen, die sich von ihm abwenden. Gütig erweist er sich gegenüber jenen, die erkennen und beherzigen, dass sie allein aus seiner Güte leben. Wenn ihr das vergesst, werde ihr auch abgehauen. Und andersherum werden auch die, die jetzt ausgebrochenen wurden, wieder eingepfropft werden, wenn sie zum Glauben umkehren. Ja, Gott vermag das: Denn er hat euch als Zweige eines wilden Ölbaums ganz gegen jede natürliche Ordnung und die Gartenbauerfahrung in einen edlen Ölbaum eingepfropft. Wie viel leichter wird es ihm fallen, den edlen Zweigen ihren ursprünglichen Platz zurück zu geben?

 

So weit Paulus.

Wenn ich den Text jetzt noch einmal lese, werde ich ihn immer wieder unterbrechen. Dabei haben Sie alle Gelegenheit wie in eine Rolle zu schlüpfen. Ich werde diese Rollen vorgeben und dann Fragen stellen. Jede/r der/die möchte, darf dann das sagen, was ihm/ihr eingefallen ist. In einer Rolle kommen immer mehrere Menschen kommen zu Wort. So zwei, drei Sätze. Aussagen können bekräftigt oder ergänzt werden. Auch Gegenpositionen sind erlaubt und erwünscht. Ich werde manchmal etwas wiederholen oder kleine Zusammenfassungen versuchen, bevor ich den Bibeltext weiterlese. Wir probieren es einfach aus. Frau Berron hat das Mikro. Wer etwas sagen möchte streckt und bekommt dann das Mikro gereicht:

Erste "Rolle": Du bist neu zum Glauben gekommen. Du fühlst dich kräftig und lebendig in deinem Christsein.

Wie geht es dir damit? ...

Und du siehst andere, die glaubensmüde wirken, denen der Glaube vielleicht sogar abhanden gekommen ist.

Welche Gedanken bewegen dich? Was fühlst du dabei? ...

Paulus schreibt: Wenn die Wurzel des Baumes heilig ist, so sind es auch die Zweige.

Zweite "Rolle“: Du bist ein edler Ölzweig. Deine Bestimmung ist es, im  Frühjahr auszuschlagen, dann zu blühen und im Spätjahr reichlich Früchte zu tragen.

Was empfindest du an deinem Platz?

Wie kommst du mit deiner Lebensaufgabe zurecht? ...

Und bitte gestatte mir noch eine Frage, grünender, edler Ölzweig: Was kommt dir in den Sinn, wenn du an die Zeit des Baumschnitts denkst? ...

Tatsächlich: Einige Zweige an dem edlen Ölbaum sind ausgebrochen worden. Du bist auch ein edler Ölzweig. Und doch bist du ausgebrochen worden, vom Stamm getrennt. Du liegst am Boden, wie weggeworfen. 

Erzähle! Wie geht es dir? Was denkst und empfindest du? ...

Jetzt wende ich mich wieder an dich, du wilder Ölzweig: Weil edle Zweige von ihrem Stamm getrennt und weggeworfen wurden, konntest du unter als neuer Zweig eingepfropft werden.

Und obwohl du als wilder Zweig von einem wilden Ölbaum stammst, hast du jetzt Anteil an der Wurzel und den Lebenssäften des edlen Ölbaums.

Wie ist eure Nachbarschaft aus deiner Sicht? ...

Und ihr edlen Zweige, wie versteht ihr euch mit den "Neuen"? ...

Hört zu ihr wilden "Neuzweige“, schreibt Paulus: Seid nicht überheblich gegenüber den Zweigen, die  ausgebrochen wurden. Ihr habt keinen Grund, euch etwas auf Euren Platz einzubilden, denn nicht ihr erhaltet die Wurzel am Leben, sondern die Wurzel trägt euch. Du bist die Wurzel des edlen Ölbaums. Alt und knorrig steht stehst du am Wegrand. Du hast deinen Platz gefunden, dich fest verwurzelt im Erdreich. Woher beziehst du Kraft und Lebenssaft? Welche Quellen nähren dich? ...

Worauf gründest du dich? Was geht dich unbedingt an? ....

Und nun frage ich einmal den Stamm: Du bist der Stamm des Ölbaums. Durch dich strömen Nährstoffe und Wasser dem Licht entgegen. Du verbindest Wurzel und Zweige. Wie siehst du den Streit der Zweige? ...

Ist es deiner Meinung nach notwendig, einige Zweige auszubrechen? ...

Und ist es sinnvoll, neue Zweige einzupfropfen? ...

Ihr Neuen werdet vielleicht sagen: "Die anderen Zweige sind ausgebrochen worden, um uns Platz zu machen!“ Das stimmt. Sie wurden ausgebrochen, weil sie nicht zum Glauben an Jesus gefunden haben. Ihr aber gehört dazu, weil ihr glaubt und euch im Glauben bestärken lasst.

Was bestärkt euch denn im Glauben an Jesus?

Oder auch, was interessiert euch am christlichen Glauben? ...

Weil ihr mit der Wurzel durch den Stamm verbunden seid, ist euer Glaube lebendig. Und ihr könnt grünen und Frucht bringen  wie die edlen Zweigen am Baum.

Darauf könnt Ihr ja nicht gut stolz sein, denn Gott selbst erhält euch am Leben, indem er euch lebendiges Vertrauen in den Stamm Jesus Christus und die Wurzeln seines Glaubens schenkt.

Da fallen Namen wie Abraham und Sarah, Mose, Aaron und Mirjam, Josua, Deborah, Rut, David und Batseba, Jeremia, der Prophet und Elia und natürlich Elisabeth und Zacharias mit Johannes, und Joseph mit Maria. Ja, Gott selbst ist es, der Euch wilden Zweigen durch die Wurzel und den Stamm des edlen Ölbaums Glaubenskräfte zufließen lässt.

Und Gott hat die ursprünglichen Zweige des Baumes nicht verschont. Also wird er wohl auch Euch "Wildlinge“ nicht verschonen.

Du, eingepfropfter Wildzweig, was zieht dir durch's Gemüt, wenn du jetzt an Gott denkst? ...

Ja, schaut: So ist Gott - gütig und zugleich streng. Streng ist er zu denen, die sich von ihm abwenden. Gütig erweist er sich gegenüber jenen, die erkennen und beherzigen, dass sie allein durch seine Güte leben.

Wenn ihr das vergesst, werde ihr auch abgehauen. Und andersherum werden auch die, die jetzt ausgebrochenen wurden, wieder eingepfropft werden, wenn sie zum Glauben umkehren.

Du liegst am Boden als ausgebrochener Zweig. Du hast in den Augen des Gärtners nicht getaugt, reiche Frucht zu bringen. Du bist abgeschnitten von deiner Wurzel, nicht mehr verbunden mit ihr durch den Stamm. Langsam spürst du, wie deine Lebenskraft und dein Glaubensmut versiegen. Du bist dabei einzutrocknen.

Jetzt erhältst du ein neues Angebot: Umkehren. Umkehren zum Glauben an Gott, selbst in deiner gottverlassenen Situation.

Was geht in dir vor? Welche Stimmen hörst du in dir? ...

Ihr zweifelt daran, dass Umkehr und neues Leben möglich ist?

Gott vermag das: Denn er hat auch die Zweige eines wilden Ölbaums ganz gegen jede natürliche Ordnung und gegen die Gartenbauerfahrung in einen edlen Ölbaum eingepfropft. Wie viel leichter wird es ihm fallen, den edlen Zweigen ihren ursprünglichen Platz zurück zu geben?

Zum Schluss wende ich mich an dich, ur-alter, knorriger Olivenbaum, du hast deiner Umwelt das Beste abgewonnen und vielfältige Erfahrungen gesammelt im Laufe deine Lebens, deines Glaubens. Jetzt stehst du da, scheinbar zeitlos wie Urgestein, lässt ganz unterschiedliche Zweige wachsen aus einem Stamm. Du blühst, reifst, verschenkst deine Früchte. Du wirkst auf mich, als hättest du keine Angst vor deinen nächsten 1000 Lebensjahren. Du kannst dich bedingungslos hingeben an das, was auf dich zu kommt.

Was möchtest du mit uns teilen, du lebenserfahrener Ölbaum? Welche Glaubenserfahrung kannst du uns weitergeben? ...

Und so bitten wir dich, Gott, segne du selbst an uns dein Wort.

Amen.